Viele denken beim Energiesparen zuerst „Licht aus!“ oder „Dusch‘ nicht so lang“. Auch die Heizung runterzudrehen oder gleich gegen eine effiziente z. B. Wärmepumpe auszutauschen senkt Kosten. Wer aber so richtig sparen will, sollte sich das ganze Haus ansehen. Viele wissen gar nicht, dass hier ein großer Hebel liegt – und was man tun muss, um die Energierechnung endlich auf Dauer zu senken. Wie Sie das mit Abstand größte Sparpotenzial nutzen, erfahren Sie in diesem Artikel.
In Deutschland sind rund 12 Millionen Ein- und Zweifamilienhäuser so alt, dass sie dringend saniert werden müssen. Gerade diese älteren Ein- und Zweifamilienhäuser bieten oftmals ein enormes Einsparpotenzial, weil sie gebaut wurden, bevor ein Wärmeschutz an Gebäuden Pflicht wurde. Sie haben also oftmals keine Dämmung. Eine Sanierung lohnt sich dabei deutlich mehr, als viele denken, denn sanierte Häuser brauchen bis zu 90 % weniger Energie. Das spart nicht nur Kosten – die Räume im Haus fühlen sich auch angenehmer an. Natürlich steigt damit auch der Wert des Hauses. Außerdem entlasten sparsame Gebäude unser Energiesystem. Die Versorgungssicherheit nimmt zu und der Umstieg auf erneuerbare Energien wird einfacher und günstiger. Auch die Klimaschutzziele erreichen wir erst, wenn schnell und viel saniert wird! Aus all diesen Gründen fördert der Staat Sanierungen mit attraktiven Zuschüssen und günstigen Krediten. (Tipp: Finden Sie Ihr passendes Förderprogramm in unserem FördermittelCheck!)
Schauen wir uns nun an, was man tun muss, um dauerhaft so viel Energie zu sparen.
Wir wollen hier ein typisches Beispielgebäude betrachten, wie es millionenfach in Deutschland zu finden ist – ein Einfamilienhaus, das in den späten 1960er-Jahren gebaut wurde. Das Haus wird wie 25 % aller Wohngebäude in Deutschland mit Heizöl beheizt. (Mit Gas werden rund 54 % aller Wohngebäude beheizt. Wenn Sie mit Gas heizen, können Sie die unten genannten Angaben grob umrechnen: 1 Liter Heizölverbrauch entspricht 1 m³ Gasverbrauch.) Der Energieverbrauch des Beispielgebäudes ist mit rund 4.000 Litern Heizöl sehr hoch. Wer in diesem Haus die Heizung kühler einstellt, friert schnell. Wir wollen lieber auf Dauer sparen und es günstig warm haben. Darum werden nun die Außenbauteile des Hauses gedämmt. Mehr zur Dämmung erfahren Sie im nächsten Schritt.
Klicken Sie auf die Infopunkte im Bild, um zu sehen, wie viel Energie man mit der Dämmung einspart, umgerechnet in Litern Heizöl:
Das kommt darauf an. Um den gesetzlichen Mindeststandard zu erfüllen, reichen oft wenige Zentimeter Dämmung. Mehr zu dämmen lohnt sich aber doppelt: Man spart jährlich mehr Energie und die Kosten für die Sanierung werden ab einer bestimmten Dämmqualität teilweise vom Staat übernommen. Da für jedes Bauteil andere Anforderungen gelten, schauen wir uns zunächst das Beispiel „Dach“ an:
Sie haben im Infopunkt am Haus bereits gesehen, dass das Dach folgende Werte erreichen muss:
Der U-Wert ergibt sich aus der Dämmstoffdicke und dem verwendeten Material (z. B. Mineralwolle, Zellulose, Holzweichfaserplatten), denn nicht alle Materialien dämmen gleich gut. Nutzt man ein Material, das nur wenig Wärme nach außen leitet, also gut dämmt, braucht man natürlich weniger davon. Damit man die verschiedenen Produkte am Markt vergleichen kann, geben Hersteller die „Wärmeleitfähigkeitsstufe“ an, abgekürzt: WLS.Anhand von Tabellen kann man vereinfacht ablesen, bei welcher Wärmeleitfähigkeitsstufe (links) und welcher Dämmdicke in cm (oben) man welchen U-Wert erreicht. Blau gefärbte U-Werte sind solche, die den gesetzlichen Mindeststandard einhalten, grün gefärbte U-Werte sind solche, für die man Fördergeld bekommt:
Ein Beispiel hilft, die eben gezeigte Dämmstoff-Tabelle schnell zu verstehen:
Nehmen wir einmal an, das Dach soll mit Holzweichfaserplatten gedämmt werden. Der Hersteller gibt hierfür eine WLS von 036 an. (Manchmal findet man auch die alternative Angaben λ = 0,036). An der Tabelle lässt sich nun ablesen, dass etwa 16 bis 24 cm erforderlich sind, um den gesetzlichen Mindeststandard zu erfüllen (blauer Bereich in der Tabelle; alle Werte U < 0,24). Wer eine Förderung vom Staat erhalten möchte, muss dafür etwa 26 bis 30 cm Dämmung einbauen (grüner Bereich; U < 0,14). Bitte beachten Sie, dass hierbei noch der weitere Dachaufbau (z. B. vorhandene Dämmung, Sparren, Dachlatten) berücksichtigt werden muss, der Einfluss auf die Dämmung und den U-Wert hat. Eine genaue Berechnung erhalten Sie von eine*r Energieberater*in oder einem Handwerksbetrieb.
Auch für die Außenwand und die Decke über dem Kellergeschoss haben wir Tabellen vorbereitet, anhand der Sie vereinfacht ablesen können, welche Dicken bei welchen Dämmstoffen (WLS) erfoderlich sind:
Nehmen wir an, das Beispielgebäude soll nun mit einem handelsüblichen Dämmstoff mit WLS 035 gedämmt werden. Es soll so dick gedämmt werden, dass eine Förderung über das Bundesförderprogramm „BEG EM“ (Bundesförderung effiziente Gebäude – Einzelmaßnahmen) möglich ist. Dafür müssen die Bauteile mindestens mit den folgenden Dämmstärken gedämmt werden:
Der Staat unterstützt Sie finanziell bei der Sanierung! Für die Dämmung von Dach, Wand oder Kellerdecke werden mindestens 15 % aller Kosten der Maßnahme übernommen. Es gibt sogar 5 % Bonus (also insgesamt 20 %), wenn Sie zu Beginn einen „individuellen Sanierungsfahrplan“ (iSFP) für Ihr Haus erstellen lassen. Die Erstellung des iSFP selbst wird ebenfalls gefördert.
In dieser Bildergalerie sehen Sie, wie die Durchführung der Maßnahmen aussehen kann:
Natürlich möchten Sie nun wissen, was die Dämmung von Dach, Wand oder Kellerdecke kostet – und wann Sie Ihre Kosten durch die Einsparungen „wieder reingeholt“ haben. Da aktuell viel Bewegung im Markt ist, wodurch langjährige Erfahrungswerte mit Vorsicht betrachtet werden müssen, wollen wir keine pauschale Aussage machen. Aber auch wenn Baumaterial zuletzt teurer geworden ist und man länger warten muss, bis Handwerker verfügbar sind und Angebote abgeben, soll Ihnen eine einfache Rechnung helfen, ein Gefühl für die Einsparungen zu erhalten.
Betrachten wir nur einmal das Dach:
Etwa 1.280 Liter Heizöl werden hier durch die Dämmung jedes Jahr gespart! Bei einem Literpreis von 1 Euro/Liter könnten Sie also jedes Jahr 1.280 € sparen. Steigt der Preis einmal auf 2 Euro/Liter (wie zuletzt Anfang März 2022), bliebe Ihnen in dem Jahr sogar eine Rechnung von über 2.500 € erspart. Wie stark die Preise tatsächlich steigen, kann man einerseits nur vermuten. Andererseits gibt es starke Argumente, die dafür sprechen, dass Öl und Gas schnell teurer werden. Denn erstens gilt bereits jetzt ein definierter Preisanstieg für Öl und Gas, um den Klimaschäden Rechnung zu tragen, die durch deren Verbrennung entstehen. Zweitens sind diese fossilen Energieträger nur noch begrenzt im Erdboden vorhanden und die letzten Reste herauszuholen wird immer aufwändiger. Wir wollen nun einmal die nächsten 30 Jahre betrachten. Auch wenn es schlimmer kommen kann, rechnen wir für Heizöl mit einem gleichmäßigen Preisanstieg von 4 % pro Jahr, also noch deutlich unterhalb der zuletzt gemessenen Inflationsrate! (Für die nächsten 3 Jahre kommt noch der CO2-Preis obendrauf, der bis 2026 absehbar festgelegt ist, siehe * unter der Tabelle.)
Wie sich die Preissteigerung auswirkt, sehen Sie an folgender Tabelle:
Wenn der Energiepreis wie angenommen steigt, müsste man in 30 Jahren (im Jahr 2053) ganze 3,33 Euro pro Liter Heizöl zahlen! Wer also das Dach dämmt wie in unserem Beispiel gezeigt, kann ab heute bis zum Jahr 2053 bereits über 76.000 € sparen!
Natürlich ist danach nicht Schluss – jedes Jahr aufs Neue schützt die Dämmung vor weiteren möglichen Belastungen durch steigende Energiekosten.
Jetzt können Sie sich denken, dass bei der Außenwand und Kellerdecke ähnliche „Gewinne“ warten. Es bringt also eine Menge!
Aber was kostet das Ganze?
Die Kosten für die Dachdämmung (Zwischensparren- und Untersparrendämmung), die Sie nach Abzug der Förderung zu tragen hätten, können (mit Vorsicht aufgrund der aktuellen Lage!) grob bei etwa 20.000 € bis 30.000 € geschätzt werden. Einige Menschen haben dieses Geld vielleicht „auf der hohen Kante“ und wollen es gewinnbringend anlegen. Im Vergleich zu Aktienfonds kann bei einer Investition in Dämmung ebenso langfristig durch die kommende Energieeinsparung „ein positiver Beitrag auf dem Konto“ erwirtschaftet werden. Wer das Geld nicht frei verfügbar hat, kann einen Sanierungskredit aufnehmen und diesen allein mit den jährlichen Einsparungen abbezahlen, so dass es zu keiner Mehrbelastung kommt. (Einfach gesagt: Statt an den Energieversorger überweisen Sie das Geld an die Bank.) Sobald der Kredit abbezahlt ist, machen sich die Energieeinsparungen dauerhaft positiv auf dem Konto bemerkbar, wenn die jährlichen Rechnungen deutlich kleiner ausfallen.
Nie war es wichtiger, Energie einzusparen, als heute. Das spüren viele Hausbesitzerinnen und -besitzer bereits deutlich an ihrer Heizkostenrechnung. Da die aktuelle Preisbremse für Öl und Gas nur für begrenzte Zeit gilt und aus Klimaschutzgründen alle Häuser schnellstmöglich auf die Beheizung mit erneuerbarer Energie umgestellt werden müssen, ist es ratsam, den Energieverbrauch insgesamt auch für die Zukunft so stark wie möglich zu senken. Unser Beispielhaus (das mit vielen Millionen Gebäuden in Deutschland vergleichbar ist) hat gezeigt, dass durch die Dämmung von Dach, Wand und Kellerdecke jeweils etwa 83 % der Energieverluste des Bauteils eingespart werden, wenn man in einem Maße dämmt, das vom Staat gefördert wird. Mit einer handelsüblichen Dämmung sind dafür mindestens 24 cm (Dach), 18 cm (Wand) und 14 cm (Kellerdecke) erforderlich – das genaue Maß wird von Fachleuten errechnet. Loslegen ist dabei ganz einfach, Sie können sich an unserer Schrittfolge orientieren. Weil der Staat 15 % bis 20 % aller Kosten der Dämm-Maßnahmen übernimmt, wird die Sanierung für Sie um Einiges günstiger und es geht schneller, bis die Energiekosten, die Sie jährlich einsparen, die Sanierungskosten wieder „reingeholt“ haben.
Wenn nicht jetzt, wann dann? Dämmung lohnt sich und spart einmal angebracht „ein Leben lang“.
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